Gameloft lud nach Paris – immer eine Reise wert

Alexander Trust, den 23. November 2009
Gameloft lud nach Paris
Gameloft lud nach Paris, Bild: Alexander Trust

Am 20. November steige ich in der Früh am Bahnhof in den Thalys Richtung Paris, gute 3 Stunden später werde ich am „Gare du Nord“ wieder aussteigen. Der Gamespublisher und -entwickler Gameloft mit Hauptsitz in Frankreich hatte einige ausgewählte Journalisten aus der ganzen Welt zu einem exklusiven Presseevent geladen. Man kennt das, Blizzard hält in Nordamerika die Hausmesse Blizzcon ab, aber viel eher noch dürften die Präsentationen des großen Bruders Ubisoft dem ähneln, was wir Journalisten in der Millionenmetropole geboten bekamen.

Das erste Teilstück zieht sich ein bisschen wie Kaugummi, denn immer mal wieder werfen die Haltestellen ihre Schatten voraus. Meine Sitznachbarn wechseln munter durch. An jedem weiteren Bahnhof, an dem der Thalys auf seinem Weg nach Paris einen Zwischenstopp einlegt, steigen alte aus und neue zu, die sich neben mir niederlassen. In Brüssel werden wir erleben, dass nicht nur die Deutsche Bahn sich verspäten kann. Bahnmitarbeiter streiken. Eine Kurznachricht verlässt mein iPhone zum Preis von 22 Cent und wird vom PR-Manager von Gameloft für Deutschland, Österreich und die Schweiz, Jochen Brach, gelesen. Ich habe ihn informiert, denn der gesteckte Zeitplan lässt eigentlich nicht zu viel Trödelei zu. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich noch nicht, dass ich der erste von drei Kollegen aus dem deutschsprachigen Raum sein werde, der dort eintrifft.

Ich steige am „Gare du Nord“, dem größeren der 4 Bahnhöfe in Paris aus dem Zug aus. Bei mir habe ich alles, um die Geschehnisse ordentlich zu dokumentieren, werde aber nicht alles entsprechend umfassend dokumentieren dürfen. Beim Verlassen des Bahnhofs durch einen Seitenausgang kommen mir drei Soldaten mit Maschinengewehren im Anschlag entgegen. Nette Begrüßung, denke ich, und fühle mich an einen Winterurlaub in Südtirol erinnert, da dort die italienische Polizei die Einhaltung der Sperrstunde ebenfalls mit Waffen unterm Arm kontrollierte.

Zwei Tage zuvor hatte ich die Zugtickets per Kurierdienst zugestellt bekommen. – Jetzt mache ich mich auf die Suche nach einem Taxi. In meiner Jackentasche stecken der Ablaufplan und ein Zettel mit Kontaktdaten für den Ort der Präsentation und das Hotel sowie einer Telefonnummer. Einen Teil meiner Sachen würde ich bestimmt im Hotel lassen können, doch durch die Verspätung war die Zeit knapp geworden. Ohne hinzusehen wird man von Taxifahrern regelrecht überfahren, wenn man aber nach einem suchte, fand sich so schnell keiner. Ich stiefele zu Fuß durch Paris, bis einer der Dienstleister auf 4 Rädern seine Fensterheber senkt und mir erklärt, dass er just Mittagpause macht. Dem Geruch des Essens in einer Pappschachtel nach zu urteilen stehen meine Chancen schlecht. Doch ich bin nicht so weit weg vom „Place de la Republique“, an dem sich mein Hotel für eine Nacht befindet. Diese Information erhalte ich und laufe weiter. Immer wieder blicke ich dabei auf die Uhr am iPhone. Fast am Ziel, entscheide ich mich, endlich ein Taxi zu nehmen und lasse mich zu dem Loft zu fahren, in dem die Präsentation stattfinden wird. Ich werde mehr als genug Zeit haben.

Generalprobe

Bei Generalproben – und sicherlich kann man diese allererste Präsentation von Gameloft in dieser Form so nennen – geht nicht immer alles glatt. Ich klingele zwei Mal, erst beim dritten Schellen drückt man mir auf. Eine reizende junge Dame, die sich auf Englisch für ihre heisere Stimme entschuldigt. Die PR-Managerin von „Gameloft America“ zieht mich zu sich hin oder ich werde von der Dame, die mich hereingebeten hat, an sie übergeben. Ich glaube, es ist ein bisschen von beidem, denn die Amerikanerin wird sich neben einigen anderen später als Alphatier herauskristallisieren. Ich unterzeichne ein „Non Disclosure Agreement“ (NDA). Darauf zu finden sind neben einigen Namen von Beteiligten auch Daten. 6 Spiele wird man uns an zwei Tagen vorstellen, von denen ich zumindest eines den Macnotes-Lesern erst am 1. Dezember werde vorstellen dürfen.

Die Amerika-Kollegin will mich meiner Kontaktperson vorstellen, einem Johann. Für einen kurzen Moment denke ich, gleich jemand neuem die Hand zu schütteln, ehe ich mich umdrehe und Johann als Jochen Brach wahrnehme. Sie nennt ihn so.

Zwischen Designermöbeln

An zwei Tagen hatte man je einen Kellner für die Bewirtung in dem Loft engagiert. Selbiges für zwei Tage von seinem Besitzer angemietet. Die Raumaufteilung auf zwei Stockwerken bietet eine Menge Platz für Gruppenarbeit an. Die Herren im Butler-Outfit nehmen am jeweiligen Tag ihren Auftrag ernst und werfen den Gästen böse Blicke zu, falls sie Anstalten machen, sich selbst etwas einzuschenken. Dessen ungeachtet entfaltet sich eine positive Grundstimmung. Immer wieder vergreife ich mich an den vielen Häppchen und kleinen Süßigkeiten, die immer wieder neu ausgelegt werden. Fein drapiert auf großen Tellern, scheint der Strom an „Canapés“ nicht versiegen zu wollen. Der Tageszeit entsprechend wechseln die Futterteller ihren Inhalt.

Der Terminplan indes ist bereits jetzt über den Haufen geworfen, und die Gruppe, der ich zugeteilt bin, wird erst am Nachmittag ihre erste Präsentation erleben. Ich hätte mich nicht hetzen müssen und der Kollege und Krimiautor von der Gamepro, Thomas Ruhk, musste entsprechend nicht ganz so lange warten. Bei unserem Mitstreiter von Consol aus Österreich fiel es ebensowenig ins Gewicht, dass sein Flieger erst einige Stunden später landete und er zudem in einem anderen Hotel untergebracht worden war.

Zwischen Designermöbeln lernen wir also Produzenten und Chefkoordinatoren einiger Gameloft-Titel kennen. Der Altersdurchschnitt unterläuft das jugendliche Stelldichein der Journalisten noch. Locker gekleidete Franzosen sitzen uns gegenüber und einige von ihnen sind froh, dem Produktionsalltag mit dieser Abwechslung ein Schnippchen zu schlagen. Bis wir an der Reihe sind spielen wir an den in Acryl eingelassenen iPhones schon einmal Probe, allerdings nur die Titel, die uns heute präsentiert werden. Den Anfang macht ein Rennspiel im Parterre, dessen Namen ich erst in einigen Stunden werde verraten können. Wir werden Zeuge eines überzeugten Produktionsteams, das froh ist, eine erste „echte“ Rennsimulation auf das iPhone zu bringen. Vielleicht haben sie just in dem Moment nicht an Real Racing von der Konkurrenz gedacht – kann ja mal passieren. Team Deutschland/Austria jedenfalls haben sie mit ihrer Vorstellung dennoch durchaus überzeugt.

Großer Bruder

Als Nächstes dürfen wir H.A.W.X. erleben. Ein Franchise, das auf den Nextgen-Konsolen von Ubisoft produziert und vermarktet wird. Eine Produzentin, die sich sehr ins Zeug legt und menschlich überzeugt, wird mich und einige andere am Abend davor bewahren, sich in Paris zu verlaufen, auf dem Weg zum gemeinsamen Abendessen in einem Szenelokal. Wir werden 4 Gänge inkl. Nachtisch serviert bekommen und uns weiß Gott nicht beklagen können. Doch die reizende junge Produzentin kann H.A.W.X. nicht davor bewahren, dass wir es unisono ans Ende aller 6 präsentierten Spiele stellen werden. Es sieht toll aus, ohne Zweifel, aber es fehlt ein bisschen das Gefühl von Geschwindigkeit. Nebenbei stärkt sich der Eindruck, dass Gameloft viel gearbeitet hat in der letzten Zeit und nun einige Spiele anbieten wird, die je nach Plattform anders skalieren. Einige der gezeigten Titel werden auf dem iPhone 3GS und dem neusten iPod touch durchaus schneller laufen und besser aussehen.

Den Abschluss für diesen Tag bildet James Cameron’s Avatar, über das wir bei Macnotes bereits vorher exklusiv ein paar Screenshots veröffentlichen konnten. Das Tutorial spielt sich gut, zeigt was alles geht. Das Spiel kommt bei uns Journalisten gut an, auch deshalb, weil Gameloft nicht eine Kopie der Versionen für andere Plattformen produziert hat, sondern sich einige Dinge hat einfallen lassen. Wenn der Film selbst auch floppen würde, so kann doch das iPhone-Spiel schon jetzt überzeugen. Wir erleben, wieviel bunter die Spielwelt auf dem 3GS sein kann, und wieviel weiter die Spielwelt am Horizont dargestellt wird. Man reicht uns Geräte, um selbst ein wenig von dem Action-Plattformer mitzubekommen. Der Protagonist kann auf einem Pferd reiten, und ich stelle deshalb die Frage, ob nicht auch eine Portierung vom großen Assassins Creed denkbar sei. Man sollte nie nie sagen, aber mit Sicherheit kann man mir die Frage nicht beantworten. Da Ubisoft demnächst selbst mit einem iPhone-Spiel auf den Markt drängt, wird sich zeigen, inwieweit in Zukunft Lizenzen an den kleinen Bruder abgegeben werden.

Tag 2

Aus meinem Hotelzimmer kann ich auf den „Place de la Republique“ schauen. Der LCD-Fernseher begrüßt mich nach dem Einchecken mit meinem Namen, zumindest so wie man als Franzose offenbar „Alex“ interpretiert, wenn ihn jemand Englisch ausspricht.

Es gibt wieder Häppchen und dazu drei Spielehappen. Ein Remake eines Rennspiels aus den 90ern wird uns gezeigt. Aufgebohrt hat man den Titel und einen neuen Schwierigkeitsgrad hinzugefügt, der auch Einsteigern entgegenkommt, die sonst vielleicht beim viel zu harten Tutorial-Level – wie seinerzeit – die Segel gestrichen hätten. Ein großer Name, aber ein Spiel mit Potenzial, noch heute. Die iPhone-Vorstellung macht Lust auf mehr. Es folgen ein First Person Shooter im SciFi-Setting, und

Skater Nation

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Ein Titel, der in den USA gut ankommen wird. Denn die Journalisten und vor allem die Journalistin vom Playboy und von der New York Times, die heute mit uns in eine Gruppe eingeteilt sind, können gar nicht genug davon kriegen. Skater Nation und das Rennspiel kommen mit einem eigenen Soundtrack aus und erlauben „der Atmosphäre wegen“ keine iPod-Musikbibliothek. Aus den Kollegen von pocketgamer UK und von IGN wird man nicht schlau. Bei den Spaniern, Italienern und Franzosen hat man eher das Gefühl als hätten sie Ähnliches über die Spiele gedacht wie wir.

Am frühen Nachmittag trennen sich unsere Wege wieder. Von manchen der Beteiligten verabschiedet man sich, andere sind bereits aufgebrochen. Die Rückfahrt bestreite ich nicht allein, sondern in Begleitung von Jochen Brach. Als ich am Hauptbahnhof in Aachen aussteige, fährt er noch weiter bis nach Köln. In Paris habe ich zu den Spaniern noch gesagt „hasta la próxima“, also bis zum nächsten Mal. Dabei wissen wir noch gar nicht, ob es ein nächstes Mal geben wird. Erst einmal muss sich der Eindruck von dieser Generalprobe festigen und Gameloft wird überlegen müssen, ob sich die Bewirtung und der freundliche Umgang mit so vielen Journalisten gelohnt hat. In einem halben Jahr, wenn man die Verkaufszahlen der dort präsentierten Spiele rückblickend betrachtet, wird man es wissen. Wichtig ist es trotzdem, wie der Kollege von der Gamepro ebenfalls betont hat, dass man Apples Handheld auch endlich in das rechte Licht rückt, um damit den Vorurteilen mancher „Hardcore“-Gamer zu begegnen, die sich als Fanboys von PSP oder NDS schwer tun, iPhone und iPod touch als Konkurrenten zu akzeptieren.


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